Werkswohnungen: Branche geht neue Wege
Harald Kraus, VDV-Personalausschussvorsitzender und Vorsitzender der VDV-Akademie: „Wohnraum ist vor allem in Ballungsgebieten ein knappes Gut und stellt eine zusätzliche Hürde in der Personalgewinnung dar. Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum: Hohe Mietpreise oder die Aussicht auf intensives Pendeln schreckt Bewerberinnen und Bewerber ab und beeinflusst die Entscheidung für oder gegen einen Job in unserer Branche maßgeblich.“ Eine mögliche Lösung, mehr Fachkräfte zu gewinnen, könnte laut Verband die Einrichtung von Werkswohnungen sein. Dieser Ansatz wird bereits von einigen Verkehrsunternehmen verfolgt und für die Personalgewinnung eingesetzt. Rund 15 Prozent der befragten Unternehmen haben bereits Werkswohnungen oder Belegungsrechte. „Das ist ein Trend, den wir als Branche weiterverfolgen werden, ob bei den Güterbahnen oder im öffentlichen Personenverkehr. Wir brauchen die komplette Maßnahmenpalette, um an Arbeits- und Fachkräfte zu kommen und diese zu halten“, betont Kraus. 82 Verkehrsunternehmen nahmen an der Umfrage teil.
Dabei müssten es nicht immer Werkswohnungen sein. Werksgeförderte oder angemietete Wohnungen seien ebenso darunter. „Gerade für das viele Personal im Fahrdienst sind diese Wohnungen von großem Nutzen, aber auch für die Kolleginnen und Kollegen in der Werkstatt, für unsere Kaufleute oder Fach- und Führungskräfte“, erklärt Kraus. Die Umfrage zeige eine Branche im Wandel: Während in der Vergangenheit zwei Drittel der Befragten fehlendem bezahlbaren Wohnraum eine geringe bis völlig unwesentliche Rolle in der Rekrutierung neuer und der Bindung bestehender Arbeitskräfte zuschrieben, sagen rund 23 Prozent der Unternehmen, dass diese Problematik mittlerweile eine große oder sogar entscheidende Rolle spiele. „Heute blicken die Personalerinnen und Personaler in den Unternehmen völlig anders auf den Zusammenhang Personalrekrutierung und fehlender Wohnraum: Nur noch etwa 40 Prozent messen dem Problem eine geringe oder unwesentliche Bedeutung zu. Für 60 Prozent ist es mittlerweile eine zentrale Herausforderung.“
Laut Umfrage sind die Herausforderungen für Bau oder Erwerb von Werkswohnungen vielfältig: „Wir sind auf demselben umkämpften Markt unterwegs wie andere. Jeder Zweite gibt an, dass es einfach zu wenig freie Grundstücke in der Stadt gebe. Daher müssen wir versuchen, über unsere kommunalen Kontakte einen Feldvorteil zu erreichen“, regt Kraus an. Rund 68 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Baukosten derzeit zu hoch seien – und es an einer Förderung durch Land oder Bund mangele (61 Prozent). Gleichzeitig fehlen die betrieblichen Investitionsmittel für solche Vorhaben (ebenfalls 61 Prozent). „Wir werden das Thema intensiv begleiten und aus den Ergebnissen Erkenntnisse und Handlungsfelder ableiten. In einem ersten Schritt müssen wir als Branche dem problematischen Zusammenhang zwischen Personalbedarf und knappen Wohnraum mit eigenen Lösungen beikommen – auch in guter Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft. Dort, wo die Branche an Grenzen stößt, müssen wir mit den politischen Akteurinnen und Akteuren sprechen, etwa mit den zuständigen Ministerien für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung in Bund und Ländern.“ (mab)