Italienisches Kartellwächter fordern Marktöffnung auf Schiene und Straße

Angebot oft überdimensioniert, aber nicht auf Bürgerbedarf zugeschnitten“ – Mehr Genehmigungswettbewerb im Interesse der Kundenorientierung.

Angebot oft überdimensioniert, aber nicht auf Bürgerbedarf zugeschnitten“ – Mehr Genehmigungswettbewerb im Interesse der Kundenorientierung.

Mit einer umfassenden Studie hat sich das italienische Kartellamt AGCM an die Politik gewandt und eine grundlegende Reform des Nahverkehrs auf Schiene und Straße angemahnt – im Interesse von Wirtschaft, Gesellschaft und Staatsfinanzen. Mehr Wettbewerb soll zu einem Quantensprung bei der Qualität führen.

Zwar gebe es in Italien teilweise ein Überangebot, heißt es in der am 13. Juni veröffentlichten Studie „IC47: Condizioni concorrenziali nei Mercati del Trasporto pubblico locale“ („Wettbewerbssituation im Nahverkehrsmarkt“). Aber dieses Überangebot befriedige paradoxerweise häufig nicht die tatsächlichen Verkehrsbedürfnisse, ja, es sichere häufig auch nicht einmal die Daseinsvorsorge ab, heißt es in der Untersuchung. Kritisch sieht die Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato (AGCM) etwa, dass in Großstädten Quartiere mit geringen Einkommen nur selten bedient werden, wohlhabendere Stadtteile mit hoher Pkw-Dichte hingegen über ihren Bedarf hinaus erschlossen sind. Derartige Planungsfehler, aber auch den überalterten Fuhrpark oder die geringe Zuverlässigkeit der Dienste macht die Behörde mit dafür verantwortlich, dass Italien im Vergleich zu anderen großen EU-Ländern bei der ÖPNV-Nutzung unterdurchschnittlich abschneidet. Als probate Gegenmittel hält die AGCM folgendes parat:
• neue Kompetenzverteilung, am besten auf höherer Ebene gesteuert („regional oder sogar überregional")

• flächendeckende Netzreformen, die sich nicht am bisherigen Angebot ausrichten, sondern am wirklichen Bedarf
• rationale Abwägung zwischen den Verkehrsträgern, Bedien- und Finanzierungsformen
• neben kommerziellen Verkehren müssten Ausgleichsmechanismen und Bestellverkehre her,
zum Beispiel zur Anbindung benachteiligter Regionen
• Anreize für Aufgabenträger, die transparente und kostensparende Vergabeverfahren praktizieren,
und schließlich
• gut durchdachte Wettbewerbsverfahren, zum Beispiel durch die Beistellung von Fahrzeugen.

Die Wettbewerbshüter wenden sich dabei nicht grundsätzlich gegen öffentliche Akteure. Im internationalen Vergleich haben sie erkannt, dass unterschiedliche Eigentumsverhältnisse Vielfalt und Qualität sogar fördern können.

Aber angesichts der fiskalischen, volkswirtschaftlichen und sozialen Bedeutung des Nahverkehrs halten sie es für notwendig, alle Akteure im Markt einem Marktdruck auszusetzen. „Wettbewerb um den Markt“ ist für die AGCM dabei eine Variante. Ausschreibungen um Dienstleistungsverträge bzw. -konzessionen habe es in Italien allerdings bislang nur wenige gegeben – und wenn, seien sie häufig schlecht gelaufen. Ein Grund dafür seien jedenfalls Interessenkonflikte, wenn nämlich Aufgabenträger zugleich Eigentümer von Verkehrsunternehmen seien. Noch mehr als vom „Wettbewerb um den Markt“ verspricht sich die Behörde vom „Wettbewerb im Markt“. Damit ließen sich sogar soziale Ziele verfolgen, auch wenn viele das Gegenteil behaupteten, heißt es dazu.

Eine Ausrichtung auf den Fahrgast werde die italienische Nahverkehrsbranche jedenfalls dazu bringen, sich weitaus stärker an den wirklichen Bedürfnissen ihrer (potenziellen) Kunden auszurichten, glaubt das Kartellamt. „Wettbewerb im Markt“ kann für die AGCM aber auch dadurch erfolgen, dass mehrere konkurrierende Verkehrsunternehmen auf einer Line zugelassen werden, sofern sie sich durch Preis, Qualität und Service voneinander abheben. „In unserer Studie zeigt sich – auch im internationalen Vergleich –, dass effiziente Qualitätsangebote nicht von der Eigentümerschaft abhängen, … sondern von Mechanismen, die die Unternehmen zu vorbildlichem Verhalten anregen“, lautet eine Schlussfolgerung. (NaNa Brief / msa)

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