VDV-Empfehlung für „offensive“ Tarifanpassungsanträge
Für ihn selbst überraschend, ist der DB-Vorstand bei der diesjährigen Bilanzpressekonferenz nicht mit Fragen zu künftigen Fahrpreissteigerungen konfrontiert worden. Im öffentlichen Bewusstsein scheint sich festgesetzt zu haben, dass Bus und Bahn einfach immer teurer werden (müssen). Nun rät der VDV seinen Mitgliedern eine offensive Tarifanpassung, weil die öffentliche Hand sich zunehmend aus der Finanzierung von Gemeinwohlausgaben zurückzieht. Anlass der Empfehlung ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Behindertenfreifahrt. Bei dieser Gelegenheit greifen die Karlsruher Richter auch das Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit an.
Seit 2005 erhalten Verkehrsunternehmen mit überdurchschnittlich vielen schwerbehinderten Fahrgästen nicht mehr den vollen Ausgleich für die gesetzlich vorgeschriebene Freifahrt, sondern nur noch zwei Drittel.
Diesen „Selbstbehalt für Härtefallunternehmen“ hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) jetzt als verfassungsgemäß eingestuft, indem es eine entsprechende Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat.
Der Nichtannahmebeschluss ist vergleichsweise umfangreich begründet. Gestützt darauf, empfiehlt der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) seinen Mitglieder nun, „die Argumentation des BVerfG künftig bei ihren Tarifanpassungsanträgen offensiv zu berücksichtigen“, wie ÖPNV-Geschäftsführer Reiner Metz in einem Rundschreiben festhält.
Nach Auffassung der VDV-Hauptgeschäftsstelle und ihres Anwalts Christofer Lenz von der Stuttgarter Kanzlei Oppenländer stufen die Verfassungsrichter Fahrpreissteigerungen ausdrücklich als Ausweg ein, um ihre Mindereinnahmen nach dem neuen § 148 SGB IX zu kompensieren.
Der VDV hatte das von der Borkumer Kleinbahn (BKB) betriebene Musterverfahren unterstützt, unter anderem mit einem Gutachten des Verfassungsrechtlers Hans Jarass.
Der Münsteraner Professor stufte den Selbstbehalt nach § 148 SGB IX als Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) und als Eingriff in die Berufsfreiheit (Artikel 12 GG) ein.
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